Kurzportrait – Mario Draghi – Präsident der Europäischen Zentralbank
Mario Draghi ist Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB ist die Notenbank der achtzehn europäischen Staaten, die den Euro als gemeinschaftliche Währung eingeführt haben. Beobachter heben die Souveränität, die fachliche Exzellenz und die internationalen Erfahrungen Mario Draghis hervor, der sich der Europäischen Union und dem Euro zutiefst verpflichtet fühle.
Auch die nachdenkliche und ruhige Art, mit der Draghi Entscheidungen besonnen vorbereite, wird betont. Schon als Gouverneur der italienischen Notenbank Banca d’Italia scheute Mario Draghi Konflikte mit der Regierung und mit Banken nicht, wenn sie ihm aus sachlichen Gründen geboten schienen. Der mit dem Großkreuz des italienischen Verdienstordens ausgezeichnete Draghi erhielt jeweils eine Ehrendoktorwürde der Fakultät Statistik der Universität Padua und der Fakultät Politikwissenschaften der Universität LUISS Guido Carli Rom. Mario Draghi ist verheiratet. Sein Sohn Giacomo studierte Wirtschaftswissenschaften und arbeitet als Zinshändler bei Morgan Stanley London, während seine Tochter Federica nach einem Biochemie-Studium bei der italienischen Genextra Group, Mailand tätig ist.
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Herkunft
Am 3. September 1947 wurde Mario Draghi in Rom geboren. Als er 15 Jahre alt war, verstarben zunächst sein Vater, ein hoher Beamter der italienischen Zentralbank und wenig später auch seine Mutter, so dass Draghi die Verantwortung für seine jüngeren Geschwister übernehmen musste.
Ausbildung
Mario Draghi besuchte zunächst die von Jesuiten geleitete römische Privatschule Istituto Massimo und galt hier als Musterschüler. Anschließend studierte Draghi an der Unversität La Sapienza in Rom Wirtschaftswissenschaften unter anderem bei Federico Caffè. Nach dem Studienabschluss im Jahr 1970 rundete er seine Ausbildung am MIT (Institute of Technology) in Cambridge bei Boston ab. 1977 schloß Draghi am MIT seine Promotion zum Ph. D. am MIT bei dem Nobelpreisträger Robert Solow ab.
Berufliche Laufbahn
Zwischen 1975 und 1981 lehrte Draghi an den Universitäten Trient, Padua und Venedig, bevor er von 1981 bis 1991 an der Universität Florenz eine Professur für Wirtschaftswissenschaften und Währungspolitik bekleidete. Außerdem war Mario Draghi zwischen 1984 und 1990 Exekutivdirektor der Weltbank. 1991 bis 2001 war Draghi als Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums tätig. Während dieser Zeit war er wesentlich daran beteiligt, Italien trotz schwacher italienischer Lira in die europäische Währungsunion zu führen. Anschließend wechselte Draghi in die Privatwirtschaft: Zwischen 2002 und 2005 war er in London Vice Chairman und Managing Director bei Goldman Sachs International.
Präsident der italienischen Zentralbank
Zurückgekehrt nach Italien, wurde Mario Draghi im Jahr 2006 Präsident der italienischen Zentralbank Banca d’Italia und damit auch Mitglied des Zentralbankrates der EZB. Vor seinem Amtsantritt als Notenbankchef hatte Draghi seine Anteile an Goldman-Sachs verkauft. Zugleich war er Vorsitzender des „Rates für Finanzstabilität“ (Financial Stability Board (FSB), bis 2008 „Forum für Finanzstabilität“), der am Sitz der BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) in Basel angesiedelt ist. Außerdem übernahm Draghi Aufsichtsratsmandate beim italienischen Energiekonzern ENI sowie bei der Staatsbeteiligungsholding IRI und der Banca Nazionale del Lavoro.
Präsident der Europäischen Zentralbank
Am 24. Juni 2011 schlug der Europäische Rat Mario Draghi als Nachfolger von Claude Trichet im Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank vor. Draghi wurde am 1. November 2011 in das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführt. Seine Amtszeit als EZB-Präsident läuft bis 2019. Die bisherige Präsidentschaft Mario Draghis wurde maßgeblich von der Eurokrise und dem drohenden Staatsbankrott verschiedener europäischer Staaten geprägt. Die im Sommer 2012 während des Höhepunktes der Eurokrise getätigte Aussage Draghis, er werde „alles Notwendige“ tun, um den Euro zu schützen, gilt als Wendepunkt der Krise. Seine Ankündigung, notfalls Staatsanleihen der europäischen Problemstaaten aufzukaufen, führte zu einer Beruhigung der Finanzmärkte.
Kritik
Teilweise wird Kritik wegen der seit dem Jahr 2006 bestehenden Mitgliedschaft Draghis in der „Group of Thirty“ geübt. Die „Group of Thirty“ ist ein privates Gremium, dem internationale Persönlichkeit aus Finanzwesen und Wissenschaft angehören, das teils aber auch als Lobby-Institution der Finanzwirtschaft betrachtet wird. Ferner wird Draghi die frühere Tätigkeit bei Goldmann-Sachs (2002 bis 2005) von einigen Kritikern vorgehalten. Goldmann-Sachs soll damals Griechenland bei der Schönung seiner Schuldenstatistik geholfen haben. Mario Draghi hat jedoch betont, bei Goldmann Sachs nicht mit den Ländergeschäften befasst gewesen zu sein. Kritik wurde auch im Zusammenhang mit der in eine Schieflage geratenen italienischen Bank MPS (Monte dei Paschi di Siena) laut. Noch unter Leitung Draghis hatte die italienischen Zentralbank der MPS einen wertpapierbesicherten Kredit über zwei Millionen Euro gewährt, ohne dass hierüber das Parlament informiert wurde. Im Zuge dieser geheim gehaltenen Bankenrettung gelangten offenbar wenig werthaltige Wertpapiere in den Besitz der Notenbank.
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