Finanztransaktionssteuer kommt 2016 und soll Spekulationen eindämmen
In der EU wird aktuell um die Einführung einer Steuer auf Börsengeschäfte gestritten. Einige EU-Finanzminister wollen die europäische Finanzsteuer Anfang 2016 auf den Weg bringen. Damit sollen riskante Finanzgeschäfte, die im Jahr 2007 maßgeblich zur Finanzkrise beigetragen haben, in die Schranken gewiesen werden.
In der jetzigen Situation herrscht noch sehr viel Uneinigkeit darüber, welche Finanzgeschäfte besteuert werden sollen, in welcher Höhe und auch welche Länder sich an der Einführung der Steuer beteiligen wollen. Ebenso unklar ist, welche Wirkung die Besteuerung letztendlich haben wird und wie hoch die Einnahmen ausfallen werden.
Für und Wider – europäische Börsensteuer
Das Ziel sollte es sein, hoch spekulative und sehr kurzfristig angelegte Finanzgeschäfte durch die Steuer unattraktiv zu machen. Die Gewinnmargen bei diesen Geschäften sind sehr gering und mit der zusätzlichen steuerlichen Belastung dann kaum noch lukrativ. Da die Steuern insgesamt sehr niedrig angesetzt sind, würden sich die Abgaben bei längerfristigen Investitionen kaum bemerkbar machen. Die Befürworter der Steuer stellen demnach die regulierende Wirkung der Steuer in den Vordergrund. Zudem würde der Finanzsektor, als mitverantwortlicher für die Krisen der Vergangenheit, mit den Mehreinnahmen an den Kosten der Bewältigung der Krise beteiligen. Da das bisher in erster Linie die Steuerzahler zu leisten hatten, spielt auch die gerechtere Verteilung der Folgekosten eine Rolle und mit diesem Argument bedienen die Befürworter sicher das Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger.
Die Finanz- und Staatsschuldenkrise hat aber nicht nur das Vertrauen in den Bankensektor erschüttert auch das Vertrauen in die Politik hat darunter gelitten. Da im jetzigen Stadium noch mehr Fragen offen sind, als geklärt, verwundert es nicht, dass zahlreiche Bürger den Plänen der EU-Finanzminister skeptisch gegenüberstehen und sich fragen, wer letztendlich von diesen Maßnahmen profitieren wird. Die Meinungsbildung ist gewiss nicht einfach! Gehen Sie davon aus, dass die unterschiedlichen Interessengruppen all ihre Möglichkeiten nutzen werden, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Kritiker geben zu bedenken, dass sich alle Börsengeschäfte durch die Steuer verteuern könnten und diese Kosten letztendlich wieder auf die Verbraucher umgelegt werden. Sehr einleuchtend ist auch das Argument, dass der Markt einfach in Länder abwandert, die keine Steuer erheben. So etwa die USA oder China. Dann gäbe es keine Mehreinnahmen und die regulierende Wirkung bliebe ebenso aus. Finanzmärkte agieren global, deshalb könne diese Wirkung auch nur durch eine weltweit akzeptierte Regelung erreicht werden. Das zu erreichen ist kaum realistisch, da es schon bei der Verständigung innerhalb der EU kaum möglich war, einen Konsens zu erreichen.
Sparer dürfen skeptisch sein!
Als Steuerzahler hat der Sparer erheblich Lasten für die Überwindung der Krise und die Rettung der Banken zu tragen gehabt. Die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, die zur Überwindung der Krise und einer Erholung der wirtschaftlichen Lage angegangen wurden, haben niedrige Zinsen zur Folge, die es dem Sparer kaum ermöglichen eine Realrendite zu erwirtschaften. Dem Sparer wird die Zurückhaltung gegenüber spekulativen Anlageprodukten häufig zum Vorwurf gemacht und als Ausweg aus dem Niedrigzins von Tagesgeld und Festgeld sei eben der Börsenhandel. Wenn dieser Ausweg aber auch wieder durch zusätzliche Steuern belastet wird, die eigentlichen Maßnahmen aber nicht greifen, weil die Akteure ihren Handel über Länder abwickeln, die keine Börsensteuer erheben, bleibt der Kleinanleger wieder als Zahlender zurück. Die in Aussicht gestellte, regulierende Wirkung auf die Märkte verpufft und auch das Risiko einer zukünftigen Krise durch riskante Spekulationen bliebe bestehen.
Der Stand der Dinge
SCHÄUBLE NENNT DEBATTE „ERFRISCHEND“reuters.com
Zeitlich betrachtet:
Bemühungen, die Finanzmärkte zu zügeln, sind nicht erst jetzt aktuell. Die Internetseite finanztransaktionssteuer.de zeigt Beispiele, dass es dieses Vorhaben schon früher gab und das vor allem dann, wenn eine Krise der Welt zu schaffen machte, wie etwa die Weltwirtschaftskrise von 1913.
Schon seit 2011 liegen in der EU Pläne über eine Einführung der Börsensteuer vor. Aber wie auch zum jetzigen Zeitpunkt gab es Widerstand. Damals vor allem durch Schweden und Großbritannien. Großbritannien hat mit London einen weltweit bedeutsamen Börsenstandort und die Gegenwehr ist nicht verwunderlich, wenn man sich vor Augen führt, welchen Stellenwert „the city“ für das ganze Land hat. In den Jahren danach gab es immer wieder Bemühungen, die Steuer auf den Weg zu bringen. Zuletzt auch als Teillösung, an der nicht alle EU-Mitgliedsländer teilnehmen. Doch auch diesen Alleingang einiger Mitgliedstaaten wollte Großbritannien verhindern und klagte vor dem Europäischen Gerichtshof. Ende April 2014 hatten die Richter festgestellt, dass es den Ländern erlaubt sei, quasi im Alleingang und ohne Zustimmung aller derzeit 28 Mitgliedsttaaten eine Steuer einzuführen. Solch eine Kooperation sei durch Artikel 20 des Lissabon-Vertrages gedeckt. Im Januar 2016, so der derzeitige Stand, soll die europäische Börsensteuer jetzt starten.
Worauf wir uns geeinigt haben ist, dass wir jetzt einmal Nägel mit Köpfen machen wollen.Österreichs Finanzminister Michael Spindelegger – Quelle: focus.de
Diese 11 EU-Länder machen ab 2016 mit:
Deutschland | Frankreich |
Österreich | Belgien |
Estland | Griechenland |
Italien | Spanien |
Portugal | Slowakei |
Slowenien | – |
Was soll besteuert werden und wie hoch?
Die Steuer soll auf Aktien und einige Derivate (–> Begriffserklärung im FAZ.NET – Börsenlexikon) erhoben werden. Bei den Aktien soll die Steuer 0,10% betragen und bei den Derivaten 0,01%. Über die Höhe der erwarteten Einnahmen kursieren Zahlen zwischen 30 und mehr als 50 Milliarden Euro.
Wenn die Steuer just Aktien teurer macht, andere spekulative Wertpapiere aber ausklammert, bewirkt sie das Gegenteil dessen, was geplant war: Die Steuer sollte Spekulanten treffen, die Blasen fabrizieren – und nicht Unternehmen, die Güter erzeugen.Hermann Sileitsch – Quelle: kurier.at
Fazit
Die bisherigen Ergebnisse zur Umsetzung der europäischen Börsensteuer erscheinen noch ziemlich vage. Es ist weder möglich, alle Partner in ein Boot zu bekommen und auch an der Wirksamkeit der Maßnahme – die riskanten Finanztransaktionen in Zukunft in die Schranken zu weisen – darf gezweifelt werden. Bleibt zu hoffen, dass die jetzige Initiative nicht nur dem anstehenden Wahlkampf geschuldet ist und dass die weiteren Verhandlungen die offensichtlichen Schwachpunkte der jetzigen Planung noch beheben. Klar ist, dass die Umsetzung starken Widerstand hervorrufen wird und dabei stehen sich mächtige Gegner gegenüber. Ob sich die Politik durchsetzen wird?
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